Groundhopping 176 – HUS Agadir – RCA Zemamra

HUS Agadir – RCA Zemamra
Spiel #3 -Saison 2023/24 (39. Spiel 2023) Groundhopping

Datum: 28.10.2023
Spiel: Hassania Union Sport d’AgadirRenaissance Zemamra
Stadion: Stade Adrar Agadir 🇲🇦
Start: 16:00 Uhr
Modus: Botola Pro 1 (1. Liga Marokko)
Spieltag: 7
Zuschauer: ca. 300
Ergebnis: 2:2 (0:2)

Länderpunk Marokko auf Umwegen

Dass sich der Länderpunkt Marokko etwas schwieriger gestaltet, war vorab klar, denn Spielpläne in Marokko schienen bei der Veröffentlichung immer etwas auf sich warten zu lassen. Vor Reiseantritt konnte ich also nur schätzen, was man so mitnehmen konnte. Ziel war es, wenigstens zwei Spiele im nordafrikanischen Land zu besuchen. Auf meiner Wunschliste stand das Stade Adrar in Agadir, wo auch die Nationalmannschaft Marokko seine Heimspiele austrägt. Fährt man auf der Avenue Al Moune durch die Stadt Agadir, so hat man bereits einen fantastischen Blick auf das im Jahr 2013 eröffnete Stadion. Vorgesehen war das Stadion 2010 für die Bewerbung auf die Fußball WM 2010, die letztendlich Südafrika für sich entschied.

Das Stade Adrar hat bereits von weitem eine fast überwältigende Erscheinung. Es thront mächtig im roten und kargen Umland der Stadt und schreit förmlich danach, besucht zu werden. Das musste es unbedingt sein, nur waren keine veröffentlichten Spiele zu finden. Gefühlt wurde die Botola Pro 1 Saison bereits nach dem 6. Spieltag abgebrochen. E-Mails an den Verein, verschwanden unbeantwortet im virtuellen Nirwana, der Fanshop von Hassania Union Sport d’Agadir, dem Club der das Stadion für sich nutzt, war dauerhaft geschlossen und etwaige Auskünfte von Agadir’s Einwohnern gab es auch nicht. Ganz tolle Vorraussetzungen für diesen gewünschten Stadionbesuch in Agadir. Doch plötzlich und fast schon unerwartet verriet mir Google, dass es nun doch ein angesetztes Spiel für den 7. Spieltag der Saison gab im Stade Adrar Agadir.

HUS Agadir – RCA Zemamra | 28.10.2023 im Stade Adrar Agadir

Wieder versuchte ich per E-Mail und auf Social Media Kanälen von HUS Agadir herauszufinden, wo es Tickets gäbe. Fehlanzeige! Keine Antwort auf unzählige Anfragen und somit blieb am Ende nur der Spontanbesuch am Spieltag. Gut 1,5 Stunden vor Anpfiff erreichten wir das Stadion, was schon von weiten verriet, dass es hier kaum Besucher gibt. Am ersten Eingang wurden wir von der Polizei abgefangen und erfuhren, dass es am Stadion keine Tickets gibt. Anschließend wurden wir gebeten, den Eingangsbereich zu verlassen, super! Ein Blick auf den Stadionplan verriet, dass es noch diverse Eingänge und somit auch weitere Möglichkeiten gab, weiteres Personal zu nerven. Auch beim zweiten Versuch am gegenüberliegenden Eingang gab es einen ähnlichen Misserfolg und ich entschied mich, nun jeden Eingang anzulaufen, um so wenigstens das Stadion einmal zu Fuß umrundet zu haben.

Gefühlt sprach hier jeder kein Englisch und mein Arabisch und Französisch existierte noch nie. Beim dritten Versuch erhörte uns Amza, der der englischen Sprache mächtig war und erklärte, dass es irgendwo in Agadir einen Platz gäbe, an dem es Tickets geben könnte, dies aber schwer zu beschreiben wäre. Inzwischen waren es eh nur noch 30 Minuten bis zum Anpfiff und die schwammige Aussage machte so ziemlich gar keine Hoffnung auf eine Lösung. Nachdem ich Amza die ganze Geschichte erzählte, schien er Mitleid zu bekommen und sagte, ich solle mal zum Eingang mit dem Namen „Souss“ gehen. Dort sollte ein Typ stehen, mit gleicher gelben Weste, die auch Amza trug. Ihm sollte ich die selbe Geschichte ausführlich berichten, inkl. unbeantwortetem E-Mailverkehr und des erfolglosem Engagements meinerseits das Stadion besuchen zu können.

Beim Erreichen vom Eingang „Souss“ sah ich den jungen Mann, der auf Amza’s Beschreibung zutraf. Nur war es wieder die Polizei, die den Weg blockierte. Nach gutem Zureden, wurde der Herr in der gelben Weste zu mir gebeten und ich konnte meine Geschichte erneut erzählen. Die Antwort war aber ebenfalls, es gibt hier keine Tickets. Ich drückte etwas intensiver auf die Tränendrüse und plötzlich kam ein Typ aus dem Hintergrund und sagte „Geht einfach rein und seid unsere Gäste!“. Wow, wer hätte das gedacht. Wir durften also den 45.000 Besucher fassenden Kollos tatsächlich von innen sehen. Es war schon überwältigend, wie mächtig dieses Stadion trotz mittelmäßiger Größe wirkte. Besucher gab es nur vereinzelt und an sich war das Stadion fast leer. Etwas seltsam war das immense Polizei- und Security-Aufgebot samt üppiger Bewaffnung. Gefühlt waren 5x soviel Polizisten im Stadion, als Zivilisten.

Länderpunkt Marokko war also im Kasten

Wir suchten uns ein schönes Plätzchen gegenüber der Haupttribüne und ließen das Geschehen vorab nochmal sacken, währenddessen der Anstoß absolviert wurde. Nur 5 Minuten nach Anpfiff war es erneut ein muskelbepackter Polizist, der uns aufforderte uns zu folgen. Da er nur auf französisch mit mir kommunizierte, verstand ich wieder mal nichts und der Weg in Richtung Ausgang deutete darauf hin, dass dies der Besuch im Stadion war. Ich redete ihm immer wieder zu und versuchte eine Lösung zu finden. Unterwegs stoppten wir bei seinem Kollegen, der dann auf englisch erklärte, dass ich mich entspannend darf. Sein Kollege wollte uns lediglich auf die VIP Tribüne begleiten, um uns einen besseren Platz zu gewähren. Voilà!

Vom Spiel selbst wurde bisher nichts verpasst und eine recht träge erste Halbzeit ermöglichte es prima, nun endlich etwas Ruhe einkehren zu lassen. Es gab zwar zwei Tore der Gäste, die aber dennoch kein ansehnliches Spiel aus dem Kick machten. Die zweite Halbzeit entwickelte sich dafür dann zum Ende hin sogar recht spannend. In der letzten halben Stunde gab es unter der VIP Tribüne sogar plötzlich HUSA Supporter, die für Stimmung im unter 1% besetzten Stadion sorgten. HUS Agadir drängte auf den Ausgleich gegen den Aufsteiger aus Zemamra. In der 60. Minute gab es den Anschlusstreffer von HUSA und in der 78. Minute gab es den verdienten Ausgleich durch ein Traumtor. Letztendlich lag auch ein dritter Treffer von Agadir in der Luft, der durchaus verdient gewesen wäre. Letztendlich blieb es aber bei einem Unentschieden und einem ersten Stadionbesuch in Marokko.

An dieser Stelle nochmals ein super großes Danke an Amza und seinen Kollegen am Eingang „Souss“!